Interview mit Michael Ouissi, Chief Operating Officer bei IFS und Sebastian Spicker, Managing Director DACH bei IFS.
Frage 1: Die Digitalisierung verändert nicht nur Geschäftsprozesse, sondern auch die Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeitende. Wie definieren Sie persönlich das richtige Mindset, um in einer von Technologie und Wandel geprägten Welt erfolgreich zu sein?
Michael Ouissi: Zum einen ist die allgemeine Offenheit für Veränderungen eine ganz zentrale Voraussetzung – auch, und besonders dann, wenn es um die radikale Neugestaltung von Prozessmodellen geht. Wenn eine KI beispielsweise immer mehr Aufgaben übernimmt, müssen Unternehmen flexibel reagieren und nicht nur die Prozesse selbst, sondern auch Aspekte wie Governance oder die Dokumentation völlig neu denken. Dafür ist eine gewisse Geschwindigkeit bei der Planung und Umsetzung entscheidend, denn KI komprimiert drastisch die Zyklen, in denen wir Veränderungen erleben und umsetzen müssen. Für mich ist aus diesen Gründen der AI-First-Gedanke ein wichtiger Baustein für das richtige Mindset – schließlich entwickeln sich KI-Systeme immer mehr zu einem vollwertigen Teammitglied, das wichtige Aufgaben entlang der Kernprozesse abwickelt. Unternehmen, die sich hier noch von Skepsis limitieren lassen, würde ich gerne sagen: Keine Angst vor KI. Sie hat das Potenzial, demographische Herausforderungen zu lösen und gleichzeitig mehr Wohlstand zu erzeugen.
Frage 2: Industrial AI gilt als Katalysator für Produktivität und Effizienz. Wie kann es Unternehmen gelingen, dabei den Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren und Technologien so einzusetzen, dass sie persönliche Entwicklung und Kreativität fördern?
Sebastian Spicker: Technologie ist und war schon immer ein Werkzeug, kein Selbstzweck. Mit KI haben wir jetzt ein neues Tool im Werkzeugkoffer, das Mitarbeitende entlasten, aber nicht ersetzen soll. Wenn eine KI-Lösung die eher lästigen und repetitiven Aufgaben im Arbeitsalltag übernimmt, bleibt für den Menschen mehr Zeit für kreatives und strategisches Denken. Das muss unser Anspruch sein. Dafür müssen die Zielsetzung und Strategie die Einführung von neuen Technologien transparent begleiten. Nur wenn Mitarbeitende von Anfang an in die Transformationsprozesse involviert sind, können sie nachvollziehen, welchen Mehrwert die KI liefert. Innovation funktioniert nur, wenn der Mensch sie aktiv mitgestalten kann
Frage 3: Veränderungen und Unsicherheiten gehören heute zum Alltag vieler Unternehmen. Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht persönliche Agilität und Resilienz im Business-Kontext – und wie haben Sie selbst gelernt, mit diesen Herausforderungen umzugehen?
Michael Oussi: Beide Eigenschaften sind nichts weniger als überlebenswichtige Voraussetzungen für jede Führungskraft. Die Verdichtung und Beschleunigung des Takts, in dem wir Veränderungen erleben, ist beispielslos – Tendenz steigend. In der Praxis bedeutet diese Entwicklung, dass Unternehmen nicht mehr innerhalb von Dekaden, sondern innerhalb von Jahren und sogar Monaten irrelevant oder von der Konkurrenz abgehängt werden können. Um das zu verhindern, müssen insbesondere Führungskräfte sich und ihr Handeln kontinuierlich selbst hinterfragen. Bei Bedarf Korrekturen vornehmen und die eigene Strategie flexibel anzupassen, ist dabei auf dem Weg in eine langfristig sichere Zukunft alternativlos. Diese Maxime ist seit Beginn ein fester Bestandteil der Industrie, in der ich tätig bin. Wir haben uns daher schon immer mit Veränderungen, Verbesserungen, aber auch radikal neuen Prozessen und Arbeitsweisen beschäftigt. Das wird auch in Zukunft von Bedeutung sein, wobei die Zeitspannen, in denen Handlungsbedarf entsteht, immer kürzer werden.
Frage 4: Viele Menschen empfinden die digitale Transformation als Belastung oder Bedrohung. Welche Chancen sehen Sie speziell für individuelle Weiterentwicklung in einer zunehmend technologisierten Arbeitswelt?
Michael Oussi: Die Digitalisierung ist ja heute kein wirklich neues Phänomen mehr, sie begleitet uns seit Jahrzehnten. Als ein Zwischenfazit würde ich Stand heute festhalten, dass dieser gigantische Transformationsprozess in erster Linie positive Auswirkungen mit sich gebracht hat – sowohl in der Arbeitswelt als auch gesellschaftlich. Profitiert haben dabei vor allem jene, die Technologie und Digitales als Chance verstanden und keine rigorose Abwehrhaltung eingenommen haben. Und der Fortschritt wird auf diese Menschen nicht warten, vielmehr wird KI in den nächsten Jahren ein entscheidendes Erfolgskriterium sein. Die Frage, die wir uns alle stellen müssen, lautet also: Wie können mein KI-Tool und ich gemeinsam sehr viel besser sein und einen Mehrwert schaffen? Die Chancen und großen Vorteile können eher negative Einstellungen schnell in das Gegenteil verkehren.
Frage 5: IFS steht für Flexibilität und Vorhersehbarkeit in Unternehmen. Welche Prinzipien oder Werte sind Ihnen persönlich wichtig, wenn es darum geht, auch im eigenen Arbeitsalltag flexibel und gleichzeitig fokussiert zu bleiben?
Sebastian Spicker: Für mich steht dabei Klarheit vor Flexibilität. Das hat einen ganz einfachen Grund: Habe ich erst einmal ein Ziel ins Auge gefasst, kann ich auch flexible Wege dorthin finden. Dazu gehört auch, dass ich mich auf mein Team verlassen muss. Gepaart mit einer gesunden Portion Lockerheit und etwas Humor entsteht damit ein gutes Arbeitsumfeld. Mir helfen darüber hinaus auch eine klare Priorisierung und der Fokus auf die Effizienz. Die Fokussierung sollte dabei immer über allem stehen.
Frage 6: Unternehmenskultur wird häufig als entscheidender Faktor für erfolgreichen Wandel genannt. Wie fördern Sie innerhalb von IFS eine Kultur, die Offenheit für Innovationen schafft und gleichzeitig den einzelnen Mitarbeitenden stärkt?
Sebastian Spicker: Wir setzen auf eine offene Kultur, in der jeder Ideen äußern, Fehler machen und Fragen stellen darf. Daraus entsteht eine psychologische Sicherheit, die wir als Basis für eine gute und produktive Zusammenarbeit betrachten. Dazu zählt auch ganz entscheidend mein eigenes Handeln als Führungskraft: Ich muss Offenheit vorleben – ich bin nicht allwissend und will jeden Tag dazulernen. Ich muss außerdem verstehen, was Teams benötigen, um ihre Arbeit so gut wie möglich zu erledigen. Innovation beginnt allerdings bereits im Rahmen einer guten Zusammenarbeit mit Zuhören und Verstehen, was wir zu einhundert Prozent fördern. Dafür müssen wir – als Unternehmen und als Mitarbeitende – auch Dinge ausprobieren dürfen und die Erfolge von Einzelnen und Teams sichtbar machen. Wer etwas bewegt oder neue Wege findet, hat Anerkennung verdient.
Frage 7: Gerade jüngere Generationen legen großen Wert auf Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit. Welche Bedeutung hat das Thema Purpose für Sie persönlich und wie wird dieser Gedanke bei IFS in Strategie und Alltag integriert?
Sebastian Spicker: Es ist mein persönlicher Antrieb, ich will mit meiner Arbeit wirklich etwas bewegen und einen größtmöglichen Mehrwert schaffen. Bei IFS schreiben wir uns den Purpose-Ansatz nicht nur auf die Fahne, er ist Teil unserer Strategie und der Grund, warum wir unsere Kunden so erfolgreich dabei unterstützen können, nachhaltig zu wachsen und resilient zu bleiben. Ich spreche über das Warum hinter unserer täglichen Arbeit regelmäßig mit meinem Team, weil ich der Überzeugung bin, dass durch ein großes Zugehörigkeitsgefühl und Wertschätzung ebenfalls Sinn entsteht. Deswegen hat bei IFS jede Rolle Wert und Einfluss – und das machen wir sichtbar.
Frage 8: Im Bereich Nachhaltigkeit geht es längst nicht mehr nur um Umweltaspekte, sondern auch um soziale Verantwortung und zukunftsfähige Unternehmensführung. Wie verbinden Sie nachhaltiges Denken mit persönlicher Motivation und Leadership?
Michael Oussi: Nachhaltigkeit bedeutet für mich auch, über den Tellerrand hinauszublicken und die langfristigen Auswirkungen unserer Entscheidungen auf die Gesellschaft, die Umwelt und die Wirtschaft zu berücksichtigen. Ich verbinde meine persönliche Motivation und Leadership in diesem Kontext mit dem Ziel, Vorbild zu sein und andere zu inspirieren, Verantwortung zu übernehmen. Dabei gilt auch: Nachhaltiges Denken muss ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein. Es geht darum, Werte zu schaffen, die über den finanziellen Erfolg hinausgehen. Meine Motivation entspringt der Überzeugung, dass wir als Führungskräfte eine Verpflichtung haben, positive Veränderungen zu bewirken – sei es durch die Förderung von Vielfalt, die Reduktion unseres ökologischen Fußabdrucks oder die Unterstützung von Communities, in denen wir tätig sind.
Frage 9: Gab es in Ihrer Karriere einen Schlüsselmoment, der Ihr Denken oder Ihre Herangehensweise an Führung und Business nachhaltig verändert hat? Wenn ja, wie hat sich dieser Moment auf Ihre persönliche Entwicklung ausgewirkt?
Sebastian Spicker: Mit dem Wechsel aus der Sales-Position in die Führungsverantwortung hat sich für mich vieles grundlegend geändert. Statt klar definierter KPIs, schnellen Erfolgen und direktem Feedback auf meine Arbeit musste ich lernen, dass Erfolg jetzt nicht mehr direkt an dem gemessen wird, was ich leiste, sondern was mein Team erreicht. Das war ein Prozess aus Verantwortung abgeben, Vertrauen schenken und Dinge auch einfach mal loszulassen. Sicherlich ist mir das nicht immer leicht gefallen, aber rückblickend war genau dieser neue Blickwinkel extrem lehrreich und hat mich bis heute geprägt. Ich habe ein Verständnis über Führung entwickelt, das darauf beruht, einen gesunden Rahmen zu schaffen, in dem andere wachsen können. In dieser Position geht es nicht mehr um den besten Vertriebler, sondern den besten Enabler. Und ich bin überzeugt: Wer andere führen will, muss Menschen bei ihrer Entwicklung fördern wollen – und wird dadurch Ergebnisse liefern.
Frage 10: Abschließend: Welchen Rat würden Sie jungen Menschen geben, die heute am Beginn ihrer Karriere stehen und in einer Welt voller technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen ihren eigenen Weg finden wollen?
Michael Oussi: Seid offen für Neues. Was auf den ersten Blick vielleicht als eine abgegriffene Floskel klingt, ist meiner Erfahrung nach eine zentrale Lebenseinstellung, die Veränderungen als selbstverständlich und aufregend ansieht. Veränderung ist das neue Normal und nur wer die beständige Weiterentwicklung als Chance versteht, wird einen wirklichen Unterschied machen können. Mut und Verantwortungsbewusstsein sind dabei aus meiner Sicht ganz entscheidende Faktoren, die allerdings nicht mehr selbstverständlich sind

Michael Ouissi, Chief Operating Officer bei IFS: “Technologieoffenheit, Nachhaltigkeit und Mut zu Veränderungen sind zentrale Erfolgsfaktoren in der Geschäftswelt.“ (Quelle: IFS)

Michael Ouissi, Chief Operating Officer bei IFS: “Technologieoffenheit, Nachhaltigkeit und Mut zu Veränderungen sind zentrale Erfolgsfaktoren in der Geschäftswelt.“ (Quelle: IFS)