Die Digitalisierung stellt mittelständische Unternehmen vor neue Herausforderungen, aber auch vor immense Chancen. Insbesondere im Bereich der Unternehmenssteuerung durch ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) zeigen sich tiefgreifende Veränderungen. Künstliche Intelligenz, Cloud-Technologien und die zunehmende Bedeutung offener Plattformarchitekturen revolutionieren nicht nur die technologische Basis, sondern auch die Art, wie Betriebe planen, entscheiden und agieren.
ERP im Wandel: Wie sich Unternehmen auf die Zukunft vorbereiten sollten
Carsten Schröder, CEO von Haufe X360, spricht im Interview über die Rolle von KI im deutschen Mittelstand, die Potenziale moderner Cloud-ERP-Lösungen und warum Offenheit und Integration für die Zukunft von ERP-Systemen entscheidend sind. Ein Gespräch über den intelligenten Einsatz neuer Technologien und darüber, wie Unternehmen schon jetzt die Grundlage für ihren zukünftigen Erfolg legen.
Frage 1: Das Thema KI beschäftigt viele mittelständische Unternehmen derzeit. Wo sehen Sie die wichtigsten Auswirkungen von KI auf den deutschen Mittelstand?
Carsten Schröder: Im Grunde genommen geht es vor allem um die Sicherung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Der deutsche Mittelstand steht vor der Herausforderung, Prozesse weiter zu automatisieren und effizienter zu gestalten – und genau hier setzt KI an. KI kann große Datenmengen, die ein leistungsfähiges ERP-System generiert, schnell und präzise analysieren, fundierte Entscheidungen treffen und Ressourcen bestmöglich einsetzen. Ob im Kundenmanagement oder in der Produktion – KI bietet enorme Potenziale, um Abläufe zu optimieren, Kosten zu senken und flexibler auf Marktveränderungen zu reagieren. Eine Herausforderung kann die Rechenleistung sein, die KI-Anwendungen benötigen. Nutzer von Cloud-ERPs sind da klar im Vorteil, weil sie einfach hochskalieren können.
Frage 2: Wo setzt Haufe X360 selbst auf KI oder hat bereits KI in seine Lösungen integriert?
Carsten Schröder: Wir prüfen den Markt sehr sorgfältig, um sicherzustellen, dass KI genau dort eingesetzt wird, wo sie einen echten Mehrwert bringt und gleichzeitig die Daten der Unternehmen sicher bleiben. Wir arbeiten derzeit an einem Chatbot und an Lösungen zur Analyse der Daten, die im ERP-System liegen, um Unternehmen fundierte Einblicke und Handlungsempfehlungen zu ermöglichen. Darüber hinaus bieten wir Anbindungen an ISV-Partner, die KI-Technologien in unser Ecosystem integrieren, um unseren Kunden ein noch breiteres Spektrum an KI-gestützten Funktionen bereitzustellen.
Frage 3: Was sind konkrete Beispiele von Funktionen oder Lösungen, die inzwischen mit KI möglich geworden sind?
Carsten Schröder: Es gibt zahlreiche Anwendungsbeispiele. So kann KI etwa Anomalien in Daten erkennen, um Fehler oder sogar Betrug aufzudecken. Im Bereich der vorausschauenden Wartung hilft sie dabei, Ausfälle zu vermeiden. Auch die Optimierung des Lagerbestands wird durch KI erleichtert, indem sie Bestellungen und Lagerbewegungen aufgrund von bestehenden Daten vorhersagt. Darüber hinaus kann KI Geschäftszahlen dazu nutzen, um als eine Art „neutrale Unternehmensberatung“ zu agieren, die datenbasierte Handlungsempfehlungen gibt. Entscheidend ist dabei aber immer eine gute Datengrundlage – und was könnte sich dafür besser eignen als eine Unternehmensplattform, auf der alle Prozesse zentral zusammenlaufen?
Frage 4: Wie verändert die zunehmende Cloudifizierung die Anforderungen an ERP-Systeme – insbesondere in Bezug auf Flexibilität, Skalierbarkeit und Sicherheit?
Carsten Schröder: Aus meiner Sicht müssen Anbieter von ERP-Systemen heute konsequent auf die Cloud setzen, alles andere wird langfristig nicht tragen. Es ist ja nicht die Cloudifizierung, die die Anforderungen an ERP-Systeme verändert, sondern die geschäftliche Realität mit ihren immer höheren Anforderungen an Flexibilität, Skalierbarkeit und Sicherheit. Die Cloud ist eine Lösung, ein Mittel zum Zweck, das diese neu gewachsenen Anforderungen bestmöglich erfüllt – und dabei On-Premises-Systemen weit überlegen ist.
Frage 5: Wie beeinflussen die zunehmende Plattformökonomie und die Notwendigkeit zur Integration von Drittanbieterlösungen die zukünftige Architektur von ERP-Systemen?
Carsten Schröder: Diese Faktoren haben einen bedeutenden Einfluss auf die Architektur von ERP-Systemen. Und zwar nicht erst in der Zukunft, sondern bereits jetzt. So war die Architektur von Haufe X360 von Beginn an modular und offen aufgebaut, um als Business Management Plattform eine einfache Integration weiterer Lösungen zu ermöglichen. Wir bieten eine stetig wachsende Zahl an APIs und setzen konsequent auf die Cloud, um Zugriff, Skalierbarkeit und Zusammenarbeit über verschiedenste Systeme hinweg zu erleichtern und zu optimieren. Und auch bei KI-Tools ist es ja offenkundig, dass wir unser System offen halten müssen, um heute und in Zukunft Anwendungen in unsere Plattform einbinden zu können, die unsere Kunden benötigen.
Das Interview wurde schriftlich mit Carsten Schröder, CEO von Haufe X360, geführt.
