Inzwischen gehören klassische ERP-Modelle schon fast selbst zur Vergangenheit. Die Zeiten ändern sich rasant – nicht jede Software kann da mithalten. Deshalb müssen Unternehmen sich umorientieren und Softwarelösungen auf ganz neue Weise finden.
Die Zukunft der Unternehmenssoftware im Zeitalter der Digitalisierung
Es war das Jahr 1972 als in Deutschland ein Unternehmen gegründet wurde, das den ersten disruptiven Wandel in der Geschichte der Unternehmenssoftware einleitete. Die SAP. Die Idee bei der Entwicklung der Standardsoftware war, eine einheitliche Geschäftslogik zu definieren, die ohne größere Anpassungen auf die Anforderungen möglichst vieler Unternehmen passt. Des Weiteren kamen die SAP Gründer auf die Idee, nicht einzelne, unabhängige Softwaresysteme zu designen, sondern ein einheitliches, funktionsübergreifendes und integriertes Anwendungssystem. Der Begriff ERP (Enterprise Resource Planning) war geboren.
Bei dem Begriff ERP wird heute oft eine Software von SAP verbunden. Sprechen Experten von ERP so meinen die erst Mal: Enterprise Resource Planning, also den generellen Prozess im Unternehmen vorhandenen Ressourcen zu planen und steuern. Erfahren Sie auf unserer Themen-Seite mehr darüber …
Was war?
Mit der Client Server basierten ERP Software begann dann der Siegeszug der Unternehmens(standard)software überhaupt. Nahezu alle größeren und auch die überwiegende Mehrheit der mittleren und kleineren Unternehmen weltweit haben in den letzten Jahren ein ERP System eingeführt. Zwar gestaltete sich die Einführung nicht immer ganz so einfach und kostengünstig wie anfangs versprochen, dennoch konnten die meisten Unternehmen durch die Einführung derartiger Unternehmenssoftware Prozesse beschleunigen, Daten integrieren und generell effizienter und produktiver arbeiten, als das vor der Einführung der Fall war. Insbesondere in den Bereichen Rechnungswesen und Controlling.
Was ist?
Die Einführung des Internets und das damit verbundene Cloud Computing hat dann den nächsten Technologie- und Architekturwechsel in der Unternehmenssoftware eingeleitet, der bis heute wirkt. Insbesondere der Internetbrowser als neue Front End Technologie ist hier zu nennen. Neben dem Technologie- und Architekturwechsel hat die Cloud aber auch zu neuen Konsum-, Bezahl- und Nutzungsmodellen von Unternehmenssoftware geführt. Beim Cloud Computing wird die Software nicht mehr als „Softwarelizenz mit Wartung“ gekauft, sondern als „Cloud Service“ (Public oder Private). Man kauft also keine Software mehr, sondern man mietet einen Service.
Der Begriff Cloud ist mittlerweile fast allgegenwärtig. Einfach gesagt bezeichnet Cloud Computing eine IT-Infrastruktur, die über das Internet zugänglich ist. Aber wenn man genauer hinsieht, lassen sich drei verschiedene Arten des Cloud Computing identifizieren: Infrastructure-as-a-Service (Server, Betriebssysteme etc.), Platform-as-a-Service (Datenbanken, Speicher etc.), Software-as-a-Service (komplette Anwendung).
Auch wenn das Internet hier zu wesentlichen Veränderungen in der Architektur, Bereitstellung und Bezahlung von Unternehmenssoftware geführt hat, so ist die Grundidee der vom Hersteller (fest) vordefinierten Geschäftslogik immer noch die gleiche und unverändert geblieben.
Nach Client Server und Cloud Computing begann dann um das Jahr 2012 die Megadisruption schlechthin. Die Digitalisierung. Das Motto lautet: „Software is eating the world“. Bei der Digitalisierung geht es im Wesentlichen darum, auf Basis innovativer (digitaler) Softwarelösungen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehende Geschäftsmodelle anzupassen oder zu erweitern. Digitalisierung bedeutet übersetzt nichts anderes als Innovation durch Software. Der Focus liegt hierbei auf dem, was man heute als „Experience“ bezeichnet. Es geht darum, das Erlebnis des Kunden sowohl im Umgang mit den Produkten oder Services als auch im Umgang mit dem Unternehmen selbst massiv zu verbessern.
Die technologische Basis für diese digitalen Veränderungsprozesse stellt die Unternehmenssoftware dar. Nach dem Motto: „Business applications run the digital business“. Bei der Digitalisierung stößt die traditionell als Standardsoftware entwickelte Unternehmenssoftware ERP (ob Cloud oder nicht Cloud ist dabei völlig egal) aber nun an ihre konzeptionellen und technologischen Grenzen. Wie bereits zuvor erläutert, basiert die Idee der Standardsoftware darauf, dass die in ihr abgebildete Geschäftslogik vom Hersteller vorgedacht und entsprechend „hart“ codiert wurde. Wie der Name schon sagt, geht es um Standarisierung und Harmonisierung. Die „Power of Innovation“ liegt damit beim Softwarehersteller und nicht beim Kunden. Dies steht aber nun im krassen Widerspruch zu dem, was das Wesen der Digitalisierung ausmacht: Differenzierung, Flexibilität und kurze Innovationszyklen. Die Digitalisierung erfordert eine hohe Innovationsgeschwindigkeit an neue Geschäftsanforderungen und hohe Flexibilität und Agilität bei der Bereitstellung neuer Softwarelösungen für das Business. Die klassische Standardsoftware kann diese Anforderungen nicht erfüllen. Sie wurde dafür auch nicht gebaut. Das heißt aber nicht, dass diese Softwaresysteme im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr benötigt werden. Ganz im Gegenteil, sie sind der Hüter wichtiger Daten und Prozesse, die auch im Zeitalter der Digitalisierung noch von großer Bedeutung sind. Aber sie sind nicht mehr das Fundament für die neuen, differenzierenden und innovativen Geschäftslösungen im Bereich Customer Experience.
Digital Business ist der Prozess der Anwendung digitaler Technologie, um Geschäftsmodelle neu zu erfinden und die Produkte und Kundenerfahrungen eines Unternehmens zu verändern – durch die Innovation von Produkten, die neue Werte schaffen und Menschen mit Dingen, Erkenntnissen und Erfahrungen verbinden.
Was kommt?
Wenn die klassische Unternehmenssoftware nachweislich nicht in der Lage ist, den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden, was ist es dann? Die Antwort zu dieser Frage lautet: Technologieplattformen. Nach dem Motto: „Platform beats product all the time“. Die „Power of Innovation“ muss wieder vom Hersteller zurück zum Kunden. Dorthin, wo das Wissen über Daten und Geschäftsprozesse zu Hause ist. Die Unternehmen müssen sich wieder in die Lage versetzen, innovative und differenzierende Geschäftsapplikationen selbst oder mit Partnern zu entwickeln. Das bedeutet, die Unternehmen sind aufgefordert, sich wieder die Fähigkeit der Softwareentwicklung anzueignen. Eine Fähigkeit, die durch die fast ausschließliche Konzentration auf Standardsoftware in den letzten 25 Jahre fast völlig verloren ging. Ziel muss sein: „Every company becomes a software company“. Und das ist einfacher gesagt, als getan. Die Entwicklung hochqualitativer und hochinnovativer Softwaresysteme ist eine komplexe und hochkreative Aufgabe zugleich. Das lernt man nicht über Nacht. Viele, insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen werden diesen „Sprung“ deshalb nicht alleine schaffen. Hier geht es dann darum, sich zusammenzuschließen und mit strategischen Partner zu arbeiten. Weil Innovationen immer und überall auf Softwaresystemen beruhen, gibt es dazu jedoch keinerlei Alternativen. Nichts zu tun, wäre fahrlässig. Nur so kann es den Unternehmen gelingen, schnell und flexibel zu agieren. Nicht umsonst stellen viele große und mittlere Unternehmen vermehrt Softwareentwickler ein. Das Unternehmen VW hat sogar ein komplett neues Vorstandsressort für Software definiert. Andere werden folgen.
Warum sind nun diese zuvor genannten Technologieplattformen von so hoher
Bedeutung für die Digitalisierung. Diese
Plattformen, wenn sie als Cloud Service angeboten werden auch häufig als PaaS
(Platform as a Service) bezeichnet, unterstützen den kompletten
Softwareentwicklungsprozess. Design, Development, Testing, Deployment,
Execution, Monitoring und Administration von Geschäftsapplikationen sind die
wesentlichen Aufgaben dieser Plattformen. Sie ermöglichen es Unternehmen, neue,
innovative Geschäftslogik schnell und agil zu entwickeln und bereitzustellen.
Gerade der Aspekt der Geschwindigkeit spielt hier eine entscheidende Rolle. Im
Zeitalter der Digitalisierung ist Geschwindigkeit das höchste Gut. Ein weiterer
Aspekt, der in diesem Zusammenhang eine gewichtige Rolle spielt, ist die
Unsicherheit oder Unvorhersehbarkeit zukünftiger Entwicklungen im Bereich der
Digitalisierung. Viele Unternehmen wissen zum heutigen Zeitpunkt nicht, wie in
5 oder 7 Jahren ihre Produkte, Services oder Geschäftsprozesse aussehen werden.
In dieser Situation, wo es darum geht, auf das „Unbekannte“ vorbereitet zu sein,
sind Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit unverzichtbare
Unternehmensfähigkeiten – nicht
Standardisierung und Harmonisierung.
Bei diesen Plattformen zeichnet sich nun ein wegweisender Trend ab, der sogenannte Low Code Ansatz. Wie bereits ausgeführt, ist Softwareentwicklung kein trivialer Vorgang. Bei dem Einsatz traditioneller Tools braucht man somit die entsprechenden Skills. In der Regel professionelle Softwareentwickler. Auf Grund der Tatsache, dass die Nachfrage nach diesen Fähigkeiten derzeit sehr hoch ist, das Angebot aber eher gering ausfällt, läuft man zwangsläufig in eine Skill Problematik. Hier kommen nun die Low Code Plattformen ins Spiel. Sie erheben den Anspruch, die Entwicklung von digitalen Geschäftsapplikationen massiv zu vereinfachen und zu beschleunigen. Das erreichen diese Plattformen im Wesentlichen dadurch, dass das Design der Geschäftslogik (Benutzeroberflächen, Geschäftsprozesse, Daten, etc.) nicht mittels klassischer Programmiersprachen erfolgt (Codierung), sondern auf der Basis von grafischen Benutzeroberflächen (Drag and Drop). Aus diesen grafisch erstellten Modellen (Meta Daten) wird dann im Hintergrund automatisch der entsprechende Programmcode generiert. Ziel ist es, auch solche Mitarbeiter im Unternehmen mit der Fähigkeit zur Softwareentwicklung zu betrauen, die nicht Teil der zentralen IT sind und somit keine Softwareentwicklungsexperten, es geht um Technik affine Mitarbeiter aus den Fachbereichen (Citizen Developer). Es ist davon auszugehen, dass die Zentrale IT in den Unternehmen zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, den Bedarf an Geschäftsapplikationen im Unternehmen mit eignen Ressourcen zu befriedigen. Es muss ein Weg gefunden werden, die Entwicklungskapazitäten zu erweitern. Low Code ist der Ansatz genau dafür. Das heißt aber nicht, dass diese Low Code Plattformen nicht auch von der Zentralen IT eingesetzt werden können. Das Gegenteil ist der Fall. Auch obliegt der Zentralen IT die Governance .