Sie vollendet Beethovens letzte Symphonie, schreibt Gedicht oder schafft Gemälde – künstliche Intelligenz ist längst keine Vision aus einem Science-Fiction-Film mehr, sondern wird bereits in vielen Gebieten eingesetzt und bringt maßgebliche Erfolge hervor. Auch im Retail-Bereich hat KI das Potenzial, die Branche zu revolutionieren. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, wie Intelligenter Handel die Retail-Branche neu aufstellt.
Als Teilgebiet der Informatik imitiert KI menschliche kognitive Fähigkeiten, die sowohl programmierte Abläufe als auch maschinelles Lernen erzeugen. Durch eine große Anzahl an Datenmengen lernt der Computer hier, selbst bei komplexen Aufgaben zunehmend autonom und anpassungsfähig zu agieren. „Innovative Lösungen rund um Themen wie Stammdatenqualität, Intelligenter Handel, Machine Learning, Bots und intelligente Einkaufsberater werden auch in Zukunft an Relevanz zunehmen. Schließlich lassen sich so Prozesse vereinfachen und effizienter machen“, so Lars Klimbingat, Partner der retailsolutions GmbH und Leiter Competence Center Stammdatenmanagement & Prozesse.
Künstliche Intelligenz will menschenähnliche Verhaltensmuster und Entscheidungsprozesse simulieren. Damit soll menschliche Intelligenz künstlich reproduziert werden. Das Ziel dabei ist häufig, bestimmte Aufgaben und Prozesse zu automatisieren, die durch ihre Komplexität anders schwer digitalisierbar sind.
Daten sinnvoll nutzen
Vielfach nutzen Handelsunternehmen eine Omni-Channel-Retailing-Strategie, die Absatzkanäle wie Ladengeschäft, Onlineshop oder Katalog gleichermaßen unterstützt, um ihre Verkaufschancen zu erhöhen. Das birgt jedoch die Herausforderung, dass diese Absatzkanäle alle parallel bedient, gesteuert, ausgewertet und optimiert werden müssen. Gleichzeitig hat sich dadurch die Informationsmenge der Produkte in den letzten Jahren erheblich erhöht. Aber auch das Sortiment unterliegt einem kontinuierlichen Änderungsprozess, sodass in manchen Fällen teilweise bis zu 1.000 neue Produkte pro Tag angelegt werden müssen, mit einem Produktdatensatz von mehreren Hundert Attributen. Für den Handel stellt die Pflege von Produktinformationen sowohl an das Produktinformationsmanagement als auch an das Stammdatenmanagement in den zentralen ERP-Systemen daher hohe Anforderungen.
Dabei haben Produktbilder auch zunehmend durch den E-Commerce in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Für die Unternehmen bedeutet dies sehr heterogene Produktdaten, die aus strukturierten und unstrukturierten Daten entstehen sowie aus Bild- und Videodaten. Die Herausforderung besteht nun darin, die Daten konsistent zu halten. Daher müssen Mitarbeiter häufig B2C-Daten und produktbezogene interne Steuerungsdaten händisch pflegen. Auch der erforderliche Abgleich der im Produktbild enthaltenen Informationen und bereitgestellten Produktdatensätze erfolgt manuell. Diese Vorgehensweise ist jedoch sehr kostenintensiv und fehleranfällig, sodass eine Automatisierung dieses Prozesses mit einem erheblichen betriebswirtschaftlichen Nutzen verbunden wäre.
Datenqualität sicherstellen
Schließlich spielt Artikelstammdatenqualität eine wichtige Rolle, da sie letztlich die Qualität der Warenwirtschaftsprozesse bestimmt. „In Zusammenarbeit mit dem Institut für Softwaresysteme der Hochschule Trier untersuchen wir aktuell, wie wir die Erfassung von Produktdaten über eine Informationsextraktion aus Produktbildern und Websites und einer anschließenden Informationsfusion automatisieren können“, erklärt Klimbingat. Das sogenannte Image-supported Product Data Creation Processors Projekt, abgekürzt IMPRO, extrahiert dabei Produktinformationen aus den vorliegenden Bilddaten und fusioniert diese mit weiteren bereitgestellten Produkt-, Bild- und Textdaten von Websites und ähnlichen Produkten aus dem ERP-System. Abschließend generiert das Programm einen vollständigen Datensatz. Dadurch soll der Prozess der Erstanlage von Produktdaten in einem Einzelhandelsunternehmen automatisiert werden können.
Effizienz erhöhen – Fehlerquote senken
Vor allem im Bereich des maschinellen Lernens gab es in den vergangenen Jahren große Fortschritte. Das liegt unter anderem an der Verfügbarkeit großer Datenmengen, aber auch an wachsender Rechenleistung. Gleichzeitig entstehen durch die große Datenmenge auch häufig Fehler. Doch auch im Hinblick auf die Identifikation und Behebung von Fehlern im Stammdatenmanagement kann künstliche Intelligenz eingesetzt werden. Klimbingat erklärt: „Wir haben unser SAP-Add-on SDQC um den Aspekt des Machine Learning erweitert. So können wir die Stammdatenqualität unserer Kunden immer weiter verbessern. Das Werkzeug wurde im Intelligenten Handel beispielsweise von einem unserer Kunden zur Preisgruppierung ähnlicher Artikel zur gemeinsamen Verkaufspreispflege eingesetzt und konnte im direkten Vergleich mit den bereits eingesetzten Validierungswerkzeugen mindestens 27 Prozent mehr Fehler erkennen.“
Dabei sind die Prüfregeln mit wenigen Klicks konfigurierbar und online in allen relevanten Transaktionen oder per Offline-Batchprüfung anzuwenden. Gefundene Fehler gibt das Programm aber nicht nur mit einer entsprechenden Kennzeichnung aus. Es versieht es auch mit der Wahrscheinlichkeit, zu der es sich um einen fehlerhaften Datensatz handelt. Darüber hinaus schlägt es auch noch den korrekten Wert vor. „Projekte wie diese können den Automatisierungsgrad von Prozessen im ERP-System erhöhen und damit nicht nur die verbundenen Kosten reduzieren, sondern gleichzeitig auch die Qualität der Daten erhöhen“, so Klimbingat abschließend.